Aktuelles: 25. August 2025
Der kanadische Schauspieler William Shatner befehligte in einer Fernsehserie und mehreren Kinofilmen fast 30 Jahre lang als Captain James T. Kirk das Raumschiff „Enterprise“. 2021 nahm er als bislang ältester Weltraumtourist an einem rund zehnminütigen suborbitalen Flug (gut 100 Km Höhe) des privaten Unternehmens Blue Origin teil. Über das Erlebnis schrieb er in einem Buch:
„Im Alter von 90 Jahren machte ich eine Erfahrung, die mein Leben veränderte. Nachdem ich jahrzehntelang im Film eine Science-Fiction-Figur gespielt hatte, die das Universum erforscht und dabei Kontakt zu vielen verschiedenen Lebensformen und Kulturen aufnimmt, flog ich tatsächlich in den Weltraum. Ich dachte, ich würde ein ähnliches Gefühl wie mein Filmcharakter erleben: ein Gefühl tiefer Verbundenheit mit der Unermesslichkeit um uns herum, den inneren Drang nach nie endender Erkundung. Den Drang, wirklich so kühn zu sein und dorthin zu gehen, wo noch niemand zuvor gewesen war.
Ich lag vollkommen falsch. Was ich fühlte, war völlig anders. Ich wusste: Viele vor mir hatten beim Blick aus dem Orbit auf unseren Planeten ein eindringliches Gefühl von Fürsorglichkeit empfunden, ergriffen von der offensichtlichen Zerbrechlichkeit dieser schwebenden blauen Murmel. Das spürte ich auch. Aber das Gefühl, das alles andere bei Weitem übertrag, war die tiefste Trauer, die ich je erlebt hatte.
Als ich den Blick von der Erde ab- und der Tiefe des Universums zuwandte, stellte sich bei mir kein Gefühl einer inneren Verbundenheit ein, übte das All keine Anziehung auf mich aus. So deutlich wie nur möglich erkannte ich, dass wir auf einer winzigen Oase des Lebens sitzen, umgeben von toter Unermesslichkeit. Ich sah keine unendlich vielen Welten, die es zu erkunden gab, keine Abenteuer, die zu bestehen wären, und keine Lebewesen, zu denen wir Kontakt aufbauen könnten. Ich sah nur die tiefste Dunkelheit, die ich mir je hätte vorstellen können, in krassem Gegensatz zur einladenden Wärme des Planeten, der uns als Heimat dient und der uns nährt.
Es war ein überwältigendes Erwachen für mich. Es erfüllte mich mit Traurigkeit. Mir wurde klar, dass wir Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte besessen waren, wegzuschauen, nach draußen zu schauen. Ich habe meinen Teil dazu beigetragen, die Vorstellung populär zu machen, dass der Weltraum unendliche Weiten böte. Aber ich musste in den Weltraum reisen, um zu verstehen, dass die Erde unser einziges Zuhause ist und bleiben wird. Und dass wir es unerbittlich verwüsten und so unbewohnbar machen.“
aus: William Shatner with Joshua Brandon (2022): Boldly Go: Reflections on a Life of Awe and Wonder.
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