Aktuelles: 25. August 2025
Anfang des Monats hatte ich dem Februar das Thema Frieden zugeordnet, das Zitat des Dalai Lama mit einem ganz anderen Foto hier eingestellt und mit folgender Anmerkung versehen: "... (noch) leere Zeilen für deine und Ihre persönlichen Erfahrungen..., die ich am Ende des Monats mit meinen fülle!" - so wie ich es seit Anfang dieses Jahres jeden Monat machen wollte.
Eben habe ich zunächst einmal das Foto ausgetauscht mit einem unserer Fotos von der Demonstration am Sonntag, den 27.2.22 in Köln am Roncaliiplatz, wo ich mit meiner Familie und ukrainischen Freundin und ihrer Familie gewesen bin. Auch am Montag, den 28.2.22 waren wir gemeinsam in Köln, um bei dem Friedensmarsch statt Rosenmontagszug mitzugehen und für den Frieden aufzustehen. Abends zuhause las ich, dass wir wohl um die 250.000 Menschen waren, die auf die Strasse gingen - was für ein überwältigendes Zeichen der Solidarität - nicht nur hierzulande!
Und nun? Meine arbeitsfreien "Karnevalstage" sind vorbei, der Krieg nicht!
Jetzt soll ich also "einfach so weiter arbeiten" und auch noch etwas schreiben zu meinen persönlichen Erfahrungen in diesem Monat Februar... das hatte ich mir ja vorgenommen... ganz und garnicht leicht fällt mir das... bis zum Morgen des 24.2.22 scheinen alle Erlebnisse nicht nur verblasst, sondern bedeutungslos und gleichzeitig fühle ich mich nach wie vor zutiefst in meinen Grundfesten erschüttert.
Meine letzten Tage waren bestimmt durch die Teilnahme an mehreren Demonstrationen und dem ganz konkreten Beistand mitten im Alltag für meine ukrainische Freundin und ihre Familie. Gestern dann, unsere Kinder gingen wieder "normal" in die Schule, habe ich mir erst einmal arbeitsfrei gegeben, um zu STOPPEN, innezuhalten und mich selbst - im Ganzen - wahrzunehmen: Neben unterschiedlichsten Gefühlen meldete sich sofort wieder diese Frage: "Was jetzt? Wie geht es nun für mich weiter? Was ist meine Form der weiteren Unterstützung und mein Beitrag für den Frieden? Der ja von uns Menschen geschaffen werden muss..."
Was hatte ich in den letzten Tagen persönlich erlebt?
An Weiberfassnacht kamen meine Tochter und ich verkleidet als "Flower-Power-Hippies" zur Schule - durch die Nachricht am frühen Morgen dann spontan mit einem Plakat in der Hand: „Make love, not war - Stopp Putin!“ Niemals hätte ich zu diesem Zeitpunkt gedacht, dass sich alles in dieser rasanten Geschwindigkeit so dramatisch entwickeln wird.
Eine mir unbekannte Mutter aus einer anderen Klasse (1/3 Russin, 1/3 Ukrainerin, 1/3 Weißrussin) nahm Anstoß an unserem Plakat, wodurch wir Mütter fast eine Stunde lang diskutierten - freundlich, respektvoll und sehr menschlich. Danach ging ich mit dem Gedanken nachhause, dass man jeden „Konflikt" eben immer aus verschiedenen Blickwinkeln sehen kann. Doch schon ein paar Stunden später hatte ich für mich eine klare, eigene Position gefunden, wer der Aggressor ist: Nicht Russland, sondern Putin! Wie diese Mutter inzwischen alles bewertet, würde mich ehrlich interessieren und ich bin gespannt, sie an einem Tag beim Abholen vielleicht wieder zu treffen, um weiter zu sprechen…
Statt zu arbeiten habe ich mich im weiteren Verlauf des Donnerstags fast unentwegt informiert und der folgende Satz war nicht nur sofort in mir, er ließ mich auch nicht mehr los: „Der 24.2.2022 wird nie mehr vergessen werden… Was können wir tun statt immer nur immer weiter unser kleines Leben zu leben? Eigentlich müsste es aktuell doch als globale, verbindende Kraftanstrengung um persönlichen, sozialen und ökologischen Wandel gehen statt um Krieg! Für unseren Planeten und die Zukunft unserer Kinder…"
Donnerstag Abend waren wir auf der ersten Kundgebung vor dem alten Bonner Rathaus, zu der unsere Oberbürgermeisterin parteiübergreifend eingeladen hatte. Zunächst ging es mir vor allem darum, an der Seite meiner Freundin zu stehen, deren Eltern im Süden der Ukraine um ihr Leben bangen und meine Solidarität mit ihnen und all ihren Landsleuten zu bekunden. Auch spürte ich direkt demütige Solidarität mit all den mutigsten Menschen in Russland, die gegen Putin auf die Strasse gehen und damit ihr eigenes Leben riskieren. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich bereits, wie stark uns das ALLE betrifft, was aktuell in der Ukraine passiert - dieser Zäsur seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges!
Und dann, in den nächsten Tagen, fing es in mir so richtig an… und ich habe mir erlaubt, wirklich alles zu fühlen… meine Wut genauso wie meine Ohnmacht und auch meine Angst und meine Trauer ob dieses brutalen Überfalls von Putins Truppen auf die Ukraine und dieses großen Umbruchs in unserer europäischen Friedensordnung.
Wenn ich bereit bin, wirklich alles zu fühlen, was geschieht... aktuell auf unmenschlichste Weise in der Ukraine, aber auch insgesamt mit und in der Welt... und wirklich zu fühlen, was das mit mir macht... dann klären mich meine Gefühle und machen mich stark und aufrecht - sie lassen mich ein Herz fassen und bewegen mich hin zu Handlungen!
Durch meine langjährige Arbeit in der Begleitung von Menschen und meinen persönlichen Weg weiß ich, dass "es funktioniert“: Wenn wir wirklich alles fühlen - auch wenn es noch so bedrohlich und unangenehm ist - dann führen uns unsere Gefühle zu uns selbst und von da aus zu bewussten Handlungen für das, was uns als Mensch wirklich wirklich wichtig ist... was uns gesund hält, zufrieden macht, uns verbindet und Sinn stiftet.
Zuletzt habe ich selbst genau das im ersten Coronajahr erlebt als ich als Soloselbständige von heute auf morgen keine Aufträge mehr hatte und mit existenzieller Angst konfrontiert wurde. Meine ganz persönliche Erfahrung der letzten Tage ist einmal mehr:
Wir alle haben jeden Moment aufs Neue die Möglichkeit, Denk- und Bewertungsmuster zu hinterfragen, NEU ZU BEWERTEN und uns bewusst gegen Ohnmacht, Ablenkung, Verdrängung, Gleichgültigkeit, Schönreden, Drama, Hilflosigkeit, Panik, Hass oder Resignation zu entscheiden.
Es ist unsere Wahl, die wir treffen!
Gestern habe ich mich dann erinnert... an einen Artikel aus der ZEIT aus dem letzten Jahr zur Kipppunktforschung, den ich einmal in ganz anderem Zusammenhang zu der Frage unseres persönlichen Beitrags gegen den Klimawandel geteilt hatte. Ein zentraler Satz ist mir in Erinnerung geblieben: „Der Mensch wird nicht nur verändert - er verändert auch selbst!"
Und so werde auch ich mir weiter - täglich aufs Neue - ein Herz fassen für meinen Beitrag für Frieden... in mir selbst, in meinem Alltag, in der Ukraine und auf der Welt.
Ich möchte als Mensch wach und präsent sein und euch alle dazu einladen, es auch zu sein!
Mach auch du dir bitte klar: Jede/r von uns ist wichtig!
Eure
Carmen Nitka
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Hier findest du ein Video zu dem Lied "Wir ziehen in den Frieden feat. KIDS ON STAGE"... vielleicht kann es auch dir Mut machen!
"Stell dir vor, es ist Frieden, und jeder geht hin!"
"Mit dem Song ruft Udo Lindenberg zu einer neuen Friedensbewegung auf! Denn: Utopien sind zum Vorverlegen da! - Kinder werden nicht als Rassisten und Kriegstreiber geboren, sie sind unsere Hoffnungsträger für eine friedliche Welt..."
Auf dieser Seite findest du eine Liste plus animierter Weltkarte mit Demonstrationen in deiner Nähe - in Deutschland und weltweit:
Stand with the people in Ukraine!
"We are uniting against Putin’s invasion and violence, in support of the people in Ukraine. We are coming from all places and all backgrounds in support of those under attack. We know: This is not “just” an attack against the Ukrainian people. This is a war against democratic values, human rights and peace."
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